Nunja, unser Schafhändler des Vertrauens rief an und fragte nach Schlachtlämmern.
Ok, dieses Thema haben wir nicht so gerne. Grundsätzlich geben wir unsere Schafe höchst ungern zum Schlachten und schon mal gar nicht zum Schächten ab, aber bei der Vielzahl von Böcken?
Martin bot uns also eine Tausch an, er hatte ein paar Herdwicks aus einer Notlage übernommen und wollte diese ungern den Weg allen Gerechtens gehen lassen.
Wir haben schon gezögert, noch eine Rasse, wir haben doch schon drei plus Trainingstrupp, aber was solls, die Herdis sind ja soooo knuffig.
Das Beste kommt noch, fünfe haben Papiere, also die dritte Rasse im Herdbuch. YEAR!
Zwei Monate sind vorbei und die Klauen wollen pedikürt werden.
Gleichzeitig hatten wir uns vorgenommen, die Lämmer den Muttern zuzuordnen, damit wir wissen, welche Lämmer Papiere bekommen.
Miss Elly, unsere Verpächterin, hatte sich heute extra frei genommen, um uns zu helfen.
Früher standen auf diesen Weiden ihre Rinder der Rasse "Blau-Weiße Belgier", die sie auch im Herdbuch gezüchtet haben.
Das Zuordnen der Lämmer war ein Kinderspiel.
Zuerst wurde ein Mutterschaf aus der Herde entfernt und sie bekam die Klauen geschnitten. Danach haben wir einfach geschaut, welche Lämmer den größten Palaver machen. Sie wurden als nächstes der Klauenpflege unterzogen und mit einer Zahl auf dem Rücken versehen, so dass wir sie der jeweiligen Mutter zuordnen können.
Bei der Abholung unseres neuen Viehanhängers ordnete Martin an, dass wir zwei Coburger Fuchsschaf-Damen mit ihren Lämmer, ein Zwillingspärchen und ein geschecktes Böckchen mitnehmen.
Das Mutterschaf der Zwillinge ging es gesundheitlich nicht gut. Sie hatte ein Auge trüb und kaum Milch, ihre Lämmer zu ernähren.
Nach einer intensiven Behandlung über mehrere Tage konnte sie wieder sehen und hatte auch mehr Milch, dass ihr Bocklämmchen vornehmlich trinkt.
Deshalb werden wir die kleine Elli, deren Namenspatronin unsere Verpächterin ist, mit mehrmals täglichen Fläschchenrationen unterstützen.
Zwischendurch trinkt sie selbstverständlich bei der Mutter.
Es war mal wieder soweit, die Fuchsdamen wollten mit ihren Lämmern eine frisches Stück Weide zum Abmümmeln besetzen.
Also
hat Günter mit dem Freischneider gewirbelt und die Netze umgesteckt.
Waltraud hat derweil die Funktion eines lebenden Zauns übernommen, wir
haben ja auch überhaupt keine Hunde, die das könnten.
So sehen glückliche Schafe aus.
Da
kann man als Schafmutter bei so saftigem und reichhaltigen
Gräserangebot schon mal kurzfristig die Peilung für den Nachwuchs
verlieren.
Die
kleinen Racker blöken, sobald sie das spitz kriegen, natürlich mit
reichlich Gras in der Futterluke. Bei der Verteilung der Tischmanieren
haben sie alle gefehlt.
Martin, der Schafhändler unseres Vertrauens, hat einige Mutterschafe der ersten Stunde abgeholt.
Das
ist uns besonders schwer gefallen, da wir schon so viel mit ihnen
erlebt haben, aber letztendlich hatten wir keine andere Wahl.
Durch
die über einen langen Zeitraum andauernde Mangelernährung war ihr
Pansen so geschädigt, dass sie nicht mehr in der Lage waren, das Futter
annähernd gut zu verwerten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie in
solch einer schlechten Verfassung gewesen wären, dass wir sie hätten
einschläfern lassen müssen.
Also
haben wir uns schweren Herzens entschlossen Heidi, Paula, Klara, Selma,
Else, Nanni, Skippy, Rabea und 400-Arschloch abzugeben.
Ebenfalls hatten Freddy, Peterle und Max ihr Schlachtgewicht und haben ebenfalls die letzte Reise angetreten.
Das Leben ist schon mal echt grausam und unausweichlich.
Macht's gut ihr Lieben und grüßt die Vorangegangenen hinter der Regenbogenbrücke.
Aufgrund von traurigen Umständen war ich gezwungen, meine verbliebenen Schafe in meine Obhut zu nehmen.
Was
ich da zurück erhalten habe, war zum Teil ein Bild des Grauens,
ausgezehrte und verwurmte Schafe, zum Teil nicht mehr in der Lage,
selbständig in den Stall zu gelangen.
Obdach
in dieser eiskalten Jahreszeit gab mir Michael Nakazi, ein besonders liebenswürdiger,
tierlieber Mensch, der seine eigenen Schafe in den Pferdeboxen unter
brachte, damit meine hochtragenden Schafe ein warmes und
witterungsgeschütztes Heim zum Lammen finden konnten. Meinen
Moorschnucken brachte er auf seiner Winterweide unter, wo sie noch
frisches Gras mümmeln und gelassen dem Frühjahr entgegen blicken können.
Romanov-Dame Hope hat leider nicht mehr die Kraft aufzustehen.
Unter Mobilisierung ihrer letzten Kraftreserven hat sie einem Böckchen
das Leben geschenkt. Leider hat sie keine Milch, so dass Waltraud die
Aufzucht des Kleinen übernommen hat. Sie hat ihm den Namen Hopefull
gegeben.
Update: Hope lebt nicht mehr
Hanni mit dem kleinen Moritz, der ein gebrochenes Vorderbeingelenk hat,
laut Doc eine ältere Verletzung. Wir haben das Bein getapt und jetzt
vollführt er die besten Bocksprünge und freut sich seines Lebens.
Die kranke Hope kommt dank des reichlichen Futter langsam wieder zu
Kräften, leider schafft sie es bis heute nicht, aufzustehen. Dem kleinen
Racker geht es prächtig.
Nanni mit Fuchsbock Max,
eine unkompliziertes Mama-Kind-Beziehung. Max, der freche Lümmel, hüpft
in den Futtertrog und mümmelt sich sein Bäuchlein voll.
Else mit Rita. Else ist eine megaverfressene Schäfin, die lautstarkt und
ballancierend auf der Horde ihr Recht auf jede Menge Futter einfordert.
Selma,
eine ältere Romanovdame mit einem defekten Euter, die wir nach
eindringlicher Ansage ja nicht mehr decken lassen dürfen, war doch schon
tragend. Sie brachte neben einem toten Lamm ein kleines Mädel zu Welt.
Trotz einiger Befürchtungen kümmert sie sich liebevoll um ihr Mädel
Die schöne Mergelländerin Heidi, sie hält sich noch mit lammen zurück.
Eva tront auf Selma
Das legendäre Springschaf Skippy, was immer dem Stall entflohen ist auf
der Suche, auf der Suche nach was? Bis dato ist sie nie wieder
gesprungen, gelammt hat sie auch noch nicht.
Ein absoluter Schatz ist diese Romanovschäfin, die auf den entzückenden
Namen Anastasia hört. Ständig will sie geknuddelt werden und immer, wenn
ein Lamm auf die Welt kommt, dann steht sie fest daneben, um ja alles
mit zu bekommen. Es hat den Anschein, dass sie die Schafsmutter der
Nation ist.
Diese freche Schafsdame ist Klara oder auch, wenn
sie brav ist Klärchen, was nie vorkommt. Sie ist stolze Mutter vom
Peterle, einem vorwitzigen Böckchen.
Dieser kleine Mickerling trägt den Namen Hubertche, nachdem der Name Holger ja schon belegt war.
Begonnen hat alles mit fünf Fuchsschafmixen, die einem alten Schäfer aus
Wegberg gehört haben. Als dieser krank geworden war, hat das
Veterinäramt die Schafe beschlagnahmt und ich konnte sie übernehmen.
Diese Schafe sind der Grundstock für meine kleine Herde, die im Laufe
mit Romanov, Mergelländer und Moorschnucken ergänzt worden ist.
Keith
Kendrick und seine Kollegen vom Babraham Institute in Cambridge,
England zeigte Schafen 25 Bilderpaare von Artgenossen und brachte ihnen
bei, jeweils ein Paarmitglied mit einer Nahrungsbelohnung zu verbinden.
So trainierten sie die Tiere, individuelle Gesichter zu erkennen.
Anschließend
maßen die Wissenschaftler die Aktivität in den für die visuelle
Wahrnehmung zuständigen Hirnregionen der Schafe. Dabei fanden sie
heraus, dass Schafe bis zu 50 Schafgesichter und sogar deren Profile in
ihrem Gedächtnis speichern können. Ebenfalls können die Tiere sich an
ein ihnen vertrautes menschliches Gesicht erinnern.
Die
britischen Forscher stellten fest, dass das Erinnerungsvermögen erst
nach zwei Jahren der Trennung zu schwinden beginnt. Die Wissenschaftler
vermuten, dass hier mögliche Beweise für "Emotionen" bei Schafen
vorliegen, die Bedeutung für die Tierzucht haben könnten. (Nature414, pp
165-166; 2001)
Nunja, das haben wir Schafhalter noch schon immer gewußt